Frau Stüsser, Frau Wiedenhöfer, war die Entscheidung, sich selbstständig zu machen, nicht ein Sprung ins kalte Wasser?
Stüsser: Es war bei weitem nicht so schwierig, wie wir es zunächst befürchtet hatten. Wir sind von Anfang an von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Kreis-Jugendamtes regelrecht an die Hand genommen und unterstützt worden.
Wiedenhöfer: Das war besonders wichtig, als es darum ging, Räumlichkeiten zu finden und diese so zu gestalten, dass die gesetzlichen Anforderungen eingehalten werden. Man hat uns sogar beim Ausfüllen der Anträge geholfen. Und diese Unterstützung geht auch im laufenden Betrieb weiter. Wir können unsere Ansprechpartner beim Kreis sofort erreichen. Sehr geholfen hat uns auch die Rheinisch-Bergische Wirtschaftsförderungsgesellschaft, die ein Existenzgründungsprogramm verfolgt und uns besonders bei der Strukturierung unseres Plans, sich selbstständig zu machen, sehr unterstützt hat.
Stüsser: Außerdem gewähren viele Kommunen Zuschüsse bei den Mietkosten. So auch bei uns.
Warum haben Sie sich selbstständig gemacht?
Stüsser: Zum einen waren wir die tägliche Fahrerei nach Bonn beziehungsweise Köln leid. Wir wohnen beide in Bechen. Was liegt da näher, als hier eine Tagespflege anzubieten, zumal wir die Familien, deren Kinder wir betreuen, häufig auch privat schon kannten. Aber für uns ist auch wichtig, dass wir ein eigenes Konzept für die Kinderbetreuung und - erziehung verfolgen, das wir in unserer eigenen Einrichtung viel besser umsetzen können.
Wie sieht dieses Konzept aus?
Wiedenhöfer: Wir legen großen Wert darauf, dass die Kinder in unserer Einrichtung frei spielen können. Wir bezeichnen das als kreative und musikalische Früherziehung, wobei nicht wichtig ist, ob sie hinterher wirklich musizieren können. Das Gemeinschaftserlebnis steht im Mittelpunkt.
Stüsser: Außerdem verfolgen wir den Ansatz einer natur- und tiergestützten Pädagogik. Die Kinder werden bei uns nicht - im klassischen Sinne - "verwahrt", sondern wir unternehmen mit ihnen soviel wie möglich gerne auch an der frischen Luft. Schließlich haben wir ja auch einen kleinen Garten hinter dem Haus.
Dabei werden Sie offenbar auch von einem vierbeinigen Mitarbeiter unterstützt?
Stüsser: Ja, das ist unsere kleine Hündin Lotte, die für den Umgang mit kleinen Kindern entsprechend ausgebildet worden ist. Die Kinder sind begeistert von ihr.
Baut man da nicht ein sehr persönliches Verhältnis zu den Kindern auf und ist traurig, wenn sie die Einrichtung wieder verlassen?
Stüsser: Ja, natürlich. Aber der Kontakt zu den Familien besteht in der Regel auch weiterhin. Außerdem muss man beim Umgang mit Kindern, die nicht die eigenen sind, eine gewisse gesunde, fachliche Distanz wahren. Wir wollen ja schließlich nicht die leiblichen Eltern ersetzen.
Wieviele Kinder betreuen Sie denn hier in Ihrer Einrichtung?
Wiedenhöfer: Es sind neun Kinder im Alter von vier Monaten bis drei Jahren. Es ist das Maximum dessen, das man zu zweit aufnehmen darf. Wir haben viele weitere Anfragen, müssen uns also um die Zukunft unserer Einrichtung keine Sorgen machen.
Wie sieht die finanzielle Entlohnung aus? Kann man damit seinen Lebensunterhalt bestreiten?
Stüsser: Oh ja, sehr gut sogar. Das ist alles gesetzlich geregelt und richtet sich einerseits nach unserer fachlichen Ausbildung, andererseits natürlich nach der Zahl der Kinder und der Anzahl der Betreuungsstunden. Wir schließen mit den Eltern Privatverträge ab, die bei uns in der Regel zwischen 35 und 45 Wochenstunden pro Kind umfassen. In anderen privaten Einrichtungen sind aber auch kürzere Zeiträume möglich. Das ist allein eine Absprache zwischen der Tagespflegeperson und den Eltern.
Bekommen Sie denn pünktlich Ihr Gehalt?
Wiedenhöfer: Das ist überhaupt kein Problem. Das Geld kommt vom Jugendamt und nicht von den Eltern selbst. Und beim Kreis war man diesbezüglich bisher immer sehr gewissenhaft und korrekt.